Menschenwürde

Jeder Mensch trägt als Gottes Ebenbild unverlierbar unveräußerliche Würde. Jeder Mensch, auch der Arme, der Kranke, der Fremde, der Kriminelle, jeder widerspiegelt etwas von Gottes Wesen. Die Menschenwürde dient somit insbesondere dem Schutz der Schwachen. Unterlassene Hilfeleistung oder gar ein Angriff auf die Schwachen ist daher ein Angriff auf Gott: „… insofern ihr es einem dieser Geringsten nicht getan habt, habt ihr es auch mir nicht getan“ (Matt. 25,45).

Vergebungsbereitschaft

Eine weitere christliche Wurzel europäischer Geisteshaltung ist die Vergebungsbereitschaft. Ein Christ kennt die Gnade der Vergebung. Im „Vater unser“ bitten wir um Vergebung, da wir selbst unseren Schuldigern vergeben. Europas Christen konnten, nach ihren Verirrungen, Vergebung erfahren und einen Neuanfang wagen. Sie brauchten sich nicht selbst rächen. Ehrenmorde und Selbstmorde, um das Gesicht nicht zu verlieren, werden in einer christlichen Gesellschaft, anders als in einer ehrbasierten Schamgesellschaft, nicht erzwungen. Diese Vergebungsbereitschaft war übrigens auch ein Motor für Forschung und Entwicklung vom Mittelalter bis heute. Fehlertoleranz brachte Europa technologisch und wirtschaftlich voran.

Ehe und Familie

Das Christentum hat uns auch die Ehe als lebenslangen Treuebund gebracht der, wie der Volksmund sagt, „im Himmel geschlossen wird“ und der, wie Gott sagt, „nicht geschieden werden soll“. Eine solche Ehe steht unter Dauerbeschuss. Sie bedarf des staatlichen Schutzes (Art. 6 Grundgesetz) und der vorbildlichen und treuen Umsetzung der Eheleute in den Mühen und Versuchungen des Alltags.

Auch die Familie ist eine Wurzel des christlichen Europas. Die christliche Kultur gründete wesentlich auf der Familie als Grundlage der Gesellschaft. Die heutige Gesellschaft wird die bitteren Folgen der Demontage der Familie noch gewärtigen müssen. Europa wurde nicht nur durch die Mönche, sondern auch durch unzählige Familien besiedelt und kultiviert.

Primat des Wortes

„Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott.“ Dieser Beginn des Johannesevangeliums bezeugt die Wortzentriertheit der christlichen Botschaft. Insbesondere die Erfindung der Druckerpresse und die nachfolgende Reformation hat diese Liebe zum Wort deutlich verstärkt. Heute stehen wir in der Gefahr, dass wir die Errungenschaften der Bildung, der Kunst, der Kultur, der Technik usw. verlieren, weil wir emotionalen Bildern mehr Glauben schenken, als dem sachlichen Wort. „Wenn das Bild das Wort erschlägt“, titelte schon vor Jahren ein unbequemer Mahner. Wir sollten uns um die Vermittlung der alten Kulturtechniken bemühen, die Europa auch wirtschaftlich so erfolgreich gemacht haben.

Trennung von Religion und Staat

Die Trennung von Religion und Staat ist eine weitere bedeutende Errungenschaft der christlichen Lehre. Das christliche Europa hat lange gebraucht, bis es die Lektion Jesu „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist“ gelernt hat. Heute stehen wir in der Abwehr gegen eine politische Religion, die diese Lektion (noch) nicht akzeptiert, ja sogar dezidiert in ihrer heiligen Schrift ausschließt.

Nächstenliebe

Die Nächstenliebe und das Erbarmen wurden zu den wesentlichen Merkmalen des Christentums (Joh. 13,35). „Geben ist seliger als nehmen“, dieses Jesuswort hat bis heute eine Grundhaltung der Hilfsbereitschaft in Notzeiten und bei Katastrophen begünstigt. Das Besondere dieser Hilfe ist, dass sie keine Gegenleistung erwartet. Sie ist im Grunde selbstlos. Ein Christ liebt, weil er zuerst von Gott geliebt wurde (1. Joh. 4,19). Der Lohn im Himmel ist ihm Lohn genug. Diese Liebe und Selbstaufopferung haben Europa, bei all den Verirrungen in der langen Geschichte, immer wieder auf den Pfad der Tugend zurückgeführt. Und es ist zu hoffen, dass eine Rückbesinnung auf dieses Wesensmerkmal Europa wieder stark und widerstandsfähig macht gegen den grassierenden Egoismus und die verhängnisvolle Gier nach Geld, Macht und kurzlebigem Ruhm.

Freiheit

Dass die Freiheit in allen ihren Aspekten eine bedeutende Frucht der christlichen Heilslehre ist, braucht sicher nicht erwähnt zu werden. Dass die Freiheit allerdings in Gefahr steht, auf dem Altar der politischen Korrektheit und „moderner“  Genderideologien geopfert zu werden, sollte uns jedoch aufschrecken. Die Freiheit wurde von unseren Vorfahren hart erkämpft und es sieht so aus, als müssten wir in unserer Generation dieses hohe Gut neu zurückerobern. Ob diese Rückeroberung von europäischem Boden aus geht, muss angesichts zunehmender Angriffe auf die Meinungsfreiheit durch staatliche Akteure und auch EU-Institutionen allerdings bezweifelt werden.

Bewahren der Schöpfung

Das „Untertanmachen der Erde“ schloss die göttliche Aufforderung „den Garten zu bebauen und zu bewahren“ (Gen.2,15) mit ein. Somit ist das Bewahren der anvertrauten Schöpfung eine urchristliche Pflicht. Sie gründet auf den christlichen Überzeugungen, dass jeder Mensch für die Folgen seines Handelns verantwortlich ist und dass wir eine Zukunft haben. Menschen, die keine Zukunftsorientierung haben, kümmern sich wenig um die Folgen ihres Handelns. Für Christen ist daher der vernünftige Schutz der Umwelt und somit auch der Heimat eine heilige Verpflichtung.